15.03.2024 Claudia Diemar

Kaiserliche Kulturhauptstadt: Bad Ischl und das Salzkammergut

Bad Ischl darf sich 2024 gemeinsam mit 22 weiteren Gemeinden in Österreich Europäische Kulturhauptstadt nennen – aber das muss nicht der einzige Grund sein, das idyllische Salzkammergut zu bereisen.


Alles an Bad Ischl atmet Nostalgie. Die buttergelben Belle-Epoque-Fassaden. Die Villen aus der k. u. k. Glanzzeit. Das Glockenspiel am Kreuzplatz, das mehrmals am Tag die Hymne „Gott erhalte Franz den Kaiser“ spielt. Gleich dahinter erhebt sich seine Majestät überlebensgroß an einer Fassade. Die Auslagen des Traditionscafés Zauner zeigen Sisis Konterfei gepaart mit exquisiten Süßigkeiten von anno dazumal. An der Esplanade entlang des Flusses Traun wird flaniert wie einst. Noch hoheitlicher wird es, wenn die Flaneure den Steg über die munter strömende Ischl überqueren. Die Kaiservilla und das oberhalb gelegene Marmorschlössl in einem herrschaftlichen Park dürfen besichtigt werden. Hausherr Markus Salvator Habsburg-Lothringen (das „von“ oder sonstige Titel sind in Österreich längst verboten) ist ein Nachfahre der Sisi-Tochter Marie Valerie.

„Wenn wir vom Kaiser reden, meinen wir immer nur den einen“, so Stadtführerin Noelia Torres de Glasser, in Guatemala geboren, aber längst „Ischlerin aus Leidenschaft und mit ganzem Herzen“. Es geht also um Sisi und Franz Joseph I., auch deutschen Gästen bestens bekannt aus den Filmen mit der jungen Romy Schneider. Das Salzkammergut war einst ein dem Kaiserhaus direkt unterstelltes Kammergut, in dem Salz abgebaut wurde. Privatbesitz der Monarchie also, mit dem ordentlich Geld verdient wurde. Denn damals, vor der Erfindung von Kühlung und Konserven, gab es nur das Salz, um etwa Fleisch durch Pökeln haltbar zu machen. Die ganz große Zeit Ischls aber beginnt, als das Kaiserhaus den Ort als Sommerfrische entdeckt. Jeder, der in der k. u. k. Monarchie etwas auf sich hält, will die Ferien fortan da verbringen, wo Hoheiten jagen und wandern. Prachtvillen und Grandhotels sprießen nur so aus dem Boden und prägen das Bild des beschaulichen Kurstädtchens bis heute.
 

Die Kaiservilla in Bad Ischl gehört einem Nachfahren von Sisi und kann besichtigt werden. Foto: www.badischl.at
Im Inneren der Kaiservilla erinnern Exponate an die Präsenz des Kaiserpaars in seiner Sommerresidenz. Foto: Claudia Diemar

Schwierige Orientierung

Und ausgerechnet dieses von vergangener Größe lebende Bad Ischl ist nun Europäische Kulturhauptstadt 2024. Zusammen mit fast zwei Dutzend weiteren Gemeinden in der Region. Und gemeinsam mit zwei weiteren Städten: Bodø in Norwegen und Tartu in Estland. Außerdem konkurriert man auf eigenem oberösterreichischem Terrain auch noch mit den Feierlichkeiten des Brucknerjahres, da 2024 der 200. Geburtstag des genialen Komponisten Anton Bruckner gefeiert wird. Alles nicht so einfach also. Zumal in Bad Ischl nach allerlei Querelen die künstlerische Leitung des Projektes bereits einmal ausgewechselt wurde und ob der Programmfindung schon eine Wirtshausschlägerei getobt haben soll.

Wer hat es erfunden? Alles geht auf eine Anregung der damaligen griechischen Kulturministerin Melina Mercouri zurück. Folgerichtig war Athen im Jahr 1985 die erste Kulturstadt Europas – das „haupt“ fand erst 1998 in den Titel, seltsamerweise als begonnen wurde, gleich mehrere Orte pro Jahr als Träger auszuwählen. 2024 handelt es sich bei Bad Ischl und 22 weiteren Gemeinden um so viele Austragungsorte, dass es schwer ist, als Außenstehender die Vielzahl möglicher Attraktionen im Blick zu behalten. Bad Goisern gehört jedenfalls dazu und dort gibt es eine Adresse, die sich garantiert lohnt: Das Handwerkhaus, das die vielfältigen Handwerkstraditionen der Region auf spannende Weise erlebbar macht. Zudem findet sich im lauschigen Innenhof ein charmantes Beisl mit kleinen Stärkungen und einem schönen Laden mit nachhaltigen lokalen Produkten.
 

Die Villa Paulick am Attersee war ein geschätztes Feriendomizil des Malers Gustav Klimt. Foto: OÖ-Tourismus

Abstecher zum Attersee

Der Attersee und die an seinem Ufer liegenden Orte sind keine Austragungsorte des Kulturhauptstadtjahres. Aber dieser größte österreichische Binnensee ist unbedingt einen Besuch wert. Der schon zu Lebzeiten gefeierte Jugendstilmaler Gustav Klimt war nämlich noch treffsicherer als der Kaiser in der Wahl seiner Sommerfrische. Er verliebte sich in den Attersee, der sich mit seinem leuchtenden Türkis und dem glasklaren Wasser wie ein Juwel in die Landschaft schmiegt. Als Urlaubsquartier diente dem Künstler die elegante Villa Paulick. Natürlich gibt es einen Gustav-Klimt-Themenpfad mit vielen Infotafeln. Immer am Seeufer geht es entlang. Überhaupt ist das Salzkammergut gespickt mit größeren und kleineren Seen, was die Gegend, besonders im Kontrast zu den sie umstehenden Bergen, zu einem überaus attraktiven Ferienziel macht. Kein Wunder, dass die UNESCO die alpine Region Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut zum Welterbe erklärte, deren außergewöhnliche Schönheit und wissenschaftlichen Wert würdigte und sie als eine der wenigen Stätten auszeichnete, deren kulturelles Erbe als gleichrangig mit dem Naturerbe gelten darf. 
 

Hallstatt mit seiner einmaligen Lage am gleichnamigen See gehört zu den Highlights der Kulturhauptstadt-Orte. Foto: Claudia Diemar
Am Ufer des Hallstätter Sees frönen Gäste in Cafés dem Dolce Vita. Foto: Claudia Diemar

Seit über 7.000 Jahren leben und arbeiten Menschen hier nachweislich. Schon die Kelten bauten im Hallstätter Hochtal, oberhalb des gleichnamigen Ortes und Sees Salz ab und bestatteten ihre Verstorbenen in aufwendigen Zeremonien und mit wertvollen Grabbeigaben. Hallstattzeit wird diese Epoche der älteren Eisenzeit wissenschaftlich genannt. Mitte des 19. Jahrhunderts ließ Bergbaumeister Johann Georg Ramsauer in diesem Hochfeld die ersten der inzwischen rund 1.000 gefundenen Gräber freilegen. Noch immer wird hier gegraben und gesichert.
 

Ein besonders beeindruckender Blick auf den Hallstätter See, die ihn umgebende Bergwelt und den Ort Hallstatt bietet sich vom Skywalk, der per Standseilbahn erreichbar ist. Foto: Claudia Diemar

Die Reisenden kommen heute mit der Standseilbahn bequem hinauf, ergötzen sich am Seeblick von der „Skywalk“-Plattform und fahren mit Kind und Kegel auf langen Rutschen ins Salzbergwerk ein, ein spannendes Erlebnis unter Tage. Unten, im Ort Hallstatt, der sich zwischen See und Felswand drängt, bewundern Scharen von Touristen, vor allem aus Fernost, die Postkartenidylle. Während der sommerlichen Hochsaison ist das Gedränge groß. Schilder bitten mehrsprachig um Rücksicht auf die Bewohner. So putzig ist Hallstatt, dass sein Dorfkern im Süden Chinas als Erlebnispark nachgebaut wurde.
 

Ein Spaziergang durch die pittoresken Gassen der Hallstätter Altstadt lohnt sich. Foto: Claudia Diemar
Zu einem der schönsten Sehenswürdigkeiten in Hallstatt zählt sicherlich der Marktplatz. Foto: Claudia Diemar

Salz als Motto

Das Salz hat das Salzkammergut geprägt. „Kultur ist das neue Salz“, lautet das Motto der Kulturhauptstadt 2024. In Pressemeldungen und Bulletins folgt ein Schlagwort auf das andere. Vier Themenschwerpunkte sind definiert: „Macht und Tradition“, „Kultur im Fluss“, „Sharing Salzkammergut“ und „Globalokal – Building the new“. Wie sich das alles in den insgesamt 23 Gemeinden konkret umsetzen soll, bleibt vage.

Sicher ist, dass die zentrale Ausstellung in der „Bannerstadt“ Bad Ischl im alten Sudhaus stattfindet. Nach deren Besuch lässt es sich herrlich im nahen Sole-Thermalbad entspannen. Salzkultur für Körper und Seele sozusagen. Es gibt keinen Grund, im Kulturhauptstadtjahr in Bad Ischl und Region irgendwelche Programme abzuarbeiten. Es gilt, einfach die Augen offen zu halten und die Schönheit der Gegend zu genießen. Die Melodie der Kaiserhymne, die vom Glockenspiel ertönt, ist übrigens dieselbe wie die der deutschen Nationalhymne – Haydn verbindet.

 

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