06.10.2023 Simone Eber

Faszination Solo-Reisen

Laut Google-Trendbericht erfreut sich der Suchbegriff „Solo-Travel“ seit März 2020 stetig wachsender Beliebtheit. Wir haben uns das Segment genauer angeschaut: Was motiviert Menschen, alleine zu verreisen? Welche Vorbereitungen und Verhaltensweisen vor Ort empfehlen sich für sie? Und was bieten Gruppenreisen für „Solisten“?

 


Warum gehen Menschen allein auf Reisen? Um diese Frage zu klären, hat die Reederei Norwegian Cruise Line (NCL) eine Studie bei der Marktforschungsagentur OnePoll in Auftrag gegeben. Hierfür wurden vom 22. Dezember 2022 bis 5. Januar 2023 500 Personen im Alter von 25 bis 55 Jahren in Deutschland befragt, die 2023 planten, allein zu verreisen. Das bemerkenswerte Ergebnis: Nicht nur Singles (35 %) entscheiden sich für diese Urlaubsform – im Gegenteil: So interessieren sich beinahe drei Viertel (74 %) aller Befragten, die in einer Beziehung leben, sowie 70 Prozent aller Verheirateten für eine Solo-Reise. Genauso interessant: Als Grund für den Solo-Trip nannten die wenigsten Studienteilnehmer (4 %) fehlende Mitreisende; vielmehr standen für sie Motive wie Freiheit (37 %), eigene Erfahrungen sammeln (31 %), Selbstfindung (30 %), etwas Neues ausprobieren (30 %), das eigene Selbstvertrauen stärken (29 %) sowie neue Orte entdecken (29 %) im Mittelpunkt.

Damit liegen sie genau auf einer Wellenlänge mit den Influencern Yvonne Pferrer und Viet Shao, die im Interview mit Erlebnisexperten Jochen Schweizer Tipps für Solo-Reisen geben. So meint Yvonne, die vor allem Fernziele ansteuert: „Man kann echte Unabhängigkeit erleben, sich selbst besser kennenlernen und genau das machen, worauf man Bock hat. So macht man nicht einfach das, was die Freunde wollen.” Und Viet, der viel in Deutschland, aber auch in Europa und Asien unterwegs ist, ergänzt: „Auf einem Solo-Trip kannst du wirklich erleben, was in dir steckt.”

Sicherheit im Fokus

Viele Alleinreisende treibt also der Wunsch nach Selbstverwirklichung an. Damit diese am Urlaubsort nicht an ihre Grenzen stößt, sind gerade Einsteiger gut beraten, Ziele mit einem geringen Sicherheitsrisiko anzusteuern. Dazu gehören in Europa etwa skandinavische Länder, aber auch Portugal, Frankreich, Italien, Irland, Schottland oder Großbritannien. Im Fernreise-Sektor eignen sich Südostasien, Japan, die Karibik, Australien und Neuseeland gut. Um erst einmal ein Gefühl für den Solo-Urlaub zu bekommen, bietet sich ein Wochenend-Trip, etwa in Form einer Städtereise, an.

Zur Vorbereitung empfiehlt es sich, die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes zu lesen. Dort finden Traveller zu jedem Land Infos über Kriminalität, Wetterbedingungen, die innenpolitische Lage sowie kulturelle, gesellschaftliche und religiöse Besonderheiten. Solche Besonderheiten könnten unter Umständen zu Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit führen, etwa in Ländern, in denen es als unangemessen gilt, sich in enganliegender oder knapper Kleidung in der Öffentlichkeit und vor allem in religiösen Stätten zu zeigen.

 

Solo auf Städtereise in Kopenhagen: ein idealer Einstieg, denn City-Trips sind meist von kurzer Dauer und die dänische Hauptstadt gilt als besonders sicheres Reiseziel. Foto: stock.adobe.com/© vladteodor

Und wie sollten Alleinreisende an die Organisation ihres Trips herangehen? Yvonne Pferrer und Viet Shao sind sich darüber einig, dass man seine Urlaubswoche(n) immer grob durchplanen sollte, um Route und Unterkünfte festlegen zu können. „Etwas Struktur tut der Reise gut, aber gerade Spontanität macht eine Solo-Reise aus“, betont Viet. „Wichtig ist, nicht zu engmaschig zu planen, um immer noch flexibel bleiben zu können.“ Was die Unterkunft angeht, hat Yvonne eine klare Meinung: „Solo-Traveller sollten sich eine eigene Bleibe nehmen oder im Hostel oder Surf Camp einchecken, da reisen viele andere auch alleine hin. Eine Solo-Reise ins All-inclusive-Hotel beispielsweise kommt für mich nicht in Frage.“

Einsame Wanderungen, Wetter-Frust oder öde Abende im Restaurant – den erfahrenen Solo-Travellern sind solche Eindrücke nicht fremd. Wichtig sei dann, „sich klarzumachen, dass man auch an einem Tiefpunkt wächst und aus der Reise gestärkt hervorgeht“, rät Viet. Beide Experten nehmen den gelegentlichen Reise-Blues auf sich, weil sie die Möglichkeit schätzen, Bekanntschaften und Erfahrungen zu machen, die in der Gruppe so nicht möglich wären – auch mit Einheimischen. „Man wirkt anders auf andere, wird auch anders angesprochen und kommt viel schneller ins Gespräch”, bekräftigt Yvonne.

Stark in der Gruppe

Andererseits gibt es gute Gründe, die für eine Gruppenreise sprechen. Katharina Lourdas von Wikinger Reisen weist das Vorurteil, wonach Solo-Urlauber in Gruppen auf Partnersuche seien, von sich. Und bestätigt die Studie von NCL und OnePoll: „Längst nicht alle, die eine Tour für Singles & Alleinreisende bei uns buchen, leben allein.“ Gemeinsame Outdoor-Erlebnisse und Mahlzeiten, Austausch, Sicherheit sowie eine effiziente Organisation von Touren und Transfers seien Argumente, die Solo-Traveller überzeugten. Für sie hat Wikinger neue Reisen nach Schweden, Norwegen und Finnland aufgelegt, bei denen Einzelzimmer für jeden Teilnehmer ohne Aufpreis inkludiert sind. Insgesamt finden sich im Portfolio des Outdoor-Spezialisten fast 40 Wanderreisen für „Solisten“.
 

Geselligkeit, Sicherheit und gute Organisation: Nicht wenige Solo-Traveller schätzen die Vorteile von Gruppenreisen speziell für ihre Zielgruppe. Foto: Wikinger Reisen

„Das Angebot ist sehr vielfältig“, bestätigt Carina Lopez vom ARCD Reisebüro. Als Veranstalter von Urlaubs- und Studienreisen für Solo-Traveller empfiehlt sie Studiosus, außerdem Marco Polo Young Line Travel für die junge Zielgruppe zwischen 20 und 35 Jahren. „Hier ist die Unterbringung jeweils im halben Doppelzimmer oder Einzelzimmer möglich“, erläutert sie. SKR Reisen wiederum bietet Rundreisen in kleinen Gruppen für Alleinreisende ab 50 Jahren.

Von der ganz großen Unabhängigkeit bis zur Geborgenheit in der Gruppe ist somit alles möglich. Solo-Traveller haben die Qual der Wahl, welche Form der Selbstverwirklichung ihnen am besten liegt.
 

Carina Lopez vom ARCD Reisebüro kennt das vielfältige Angebot der Veranstalter für Alleinreisende. Foto: Simone Eber

Titelfoto: stock.adobe.com/© Bernd


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