11.04.2022 Bettina Glaser

Möglichkeiten und Herausforderungen des E-Campings

In vielen Bereichen ist Elektro­mobilität schon verbreitet, doch beim Camping steckt sie noch in den Kinderschuhen. Trotzdem: Erste Pioniere steuern bereits elektromobil die Campingplätze Europas an. Ein Überblick über aktuelle Möglich­keiten und Grenzen des E-Campings.


Wer denkt, dass Elektromobilität auf den Campingplätzen Eu­ro­pas noch nicht verbreitet ist, täuscht sich. Pedelecs, E-Scooter und Co. gehören bei vielen längst zum Campingurlaub dazu. „Was noch nicht so stark Einzug gehalten hat, ist das Thema E-Mobilität bei den Fahrzeugen, also bei den Zugfahrzeugen, Wohnmobilen und dergleichen. Dort findet man verstärkt Plug-in-Hybride, aber auch schon vereinzelt Elektroautos“, sagt Markus Emmert, Vorstandsmitglied beim Bundesverband eMobilität (BEM). Das ist nicht erstaunlich, denn das Angebot an fürs Camping geeigneten Elektrofahrzeugen ist derzeit noch überschaubar. „Im Kastenwagen-Bereich, also bei den besonders kompakten Fahrzeugen, tut sich bereits etwas, ist aber für uns noch nicht zu beziffern“, sagt Jonathan Kuhn, Pressesprecher beim Caravaning Industrie Verband (CIVD).  Einer der ersten marktreifen E-Campervans ist der von der Schweizer Firma Sortimo Walter Rüegg AG umgebaute batterieelektrische EQV von Mercedes Benz. Der Campervan mit 60- oder 90-kWh-Batterie (WLTP-Reichweite: bis zu 363 Kilometer) wird im Zweirechnungsgeschäft vertrieben.

Auch Pössl ist mit der Elektroversion des Vanster auf Basis des Citroën e-Spacetourers in den Markt der E-Campervans eingestiegen. Clemens Schulze vom Autohaus Melzer in Jestetten ist einer der wenigen Händler, der Exemplare für den ersten Verkaufstest bekommen soll und der den E-Vanster seit Oktober fährt. Er spricht von einer Reichweite von ungefähr 250 bis 300 Kilometern. „Es gibt wahnsinnig viel Interesse seit der steigenden Spritpreise Anfang März“, erzählt er. Nach Lieferproblemen nimmt er nun Bestellungen an und rechnet mit fertigen freien Fahrzeugen zum Sommer.

 

Der Campingbus Vanster von Pössl auf Basis des Citroën e-Spacetourers ist im ersten Verkaufstest. Foto: Clemens Schulz

Überzeugt vom aktuellen Angebot der Basisfahrzeughersteller in Sachen E-Mobilität war im Gespräch mit Auto&Reise keiner der Wohnmobilhersteller. „Bis jetzt gibt es noch kein für unseren Einsatz geeignetes Fahrzeugkonzept der Basisfahrzeughersteller, sodass der klassische Verbrennungsmotor nach wie vor die am besten geeignete Antriebsart für uns darstellt“, berichtet beispielsweise Bernd Wuschack, Geschäftsführer Vertrieb, Marketing und Kundendienst bei der Carthago Reisemobilbau GmbH. Auch Markus Hauf, Sprecher bei der Stellantis-Gruppe, zu der Fiat Professional mit dem E-Ducato und Opel mit dem Zafira-e Life gehören, räumt ein: „Für die Verwendung als Reisemobilbasis eignen sich BEVs zurzeit bedingt, weil es gerade beim Reisemobil auf möglichst große Reichweite ankommt. Die momentan machbaren Reichweiten von etwa 350 Kilometern mögen in gut erschlossenen Gegenden mit Lade-Infrastruktur ausreichen, da gerade Camper aber auch oft und gerne die viel befahrenen Pfade verlassen wollen, ist größere Reichweite sehr wichtig.“ Auf die Lieferanten will die Knaus Tabbert AG laut Sprecher Stefan Diehl derweil nicht warten. Gemeinsam mit der Tuning-Werkstatt HWA AG stellte das Unternehmen die Studie E.Power Drive auf dem Caravan Salon 2021 vor, ein nach eigenen Angaben vollelektrisches Reisemobil mit einer WLTP-Reichweite von 90 Kilometern. Dass bei Erreichen eines Batterie‐Schwellenwerts im Fahrbetrieb automatisch der Range Extender anspringt, der fest mit einem Generator gekoppelt ist und die Fahrbatterie auflädt, zeigt, wie schwierig es aktuell noch ist, ein reisetaugliches rein elektrisches Wohnmobil zu entwickeln.
Kuhn vom CIVD spricht auch das Gewichtsproblem an: „Mit dem heutigen Stand der Technik bei den Akkus ist das 3,5-Tonnen-Limit nicht zu halten beziehungsweise keine Zuladung mehr möglich. Wer den Führerschein nach 1999 gemacht hat, würde dann einen Lkw-Führerschein benötigen.“ Deshalb macht sich der Verband mit dem europäischen Verband ECF für die Erweiterung des B-Führerscheins auf 4,25 Tonnen in Brüssel stark.

 

Zu groß und zu schwer

Schwieriger wird es bei der Suche nach E-Wohnmobilen.  Schon 2017 präsentierte Dethleffs mit dem E.Home Reisemobil die Studie eines vollelektrischen Reisemobils, verkleidet mit Solar-Panelen. Verkaufsversuche startete Iridium mit einem E-Wohnmobil, Thor und Winnebago stellten in den USA gerade jeweils ein Konzeptfahrzeug, das batteriebetrieben fährt, vor. „Reisemobile sind größer und schwerer als Pkw und fahren oft längere Strecken, wodurch das bekannte Problem der Reichweiten bei den Freizeitfahrzeugen noch einmal mehr zu Buche schlägt“, sagt CIVD-Sprecher Jonathan Kuhn.

Überzeugt vom aktuellen Angebot der Basisfahrzeughersteller in Sachen E-Mobilität war im Gespräch mit Auto&Reise keiner der Wohnmobilhersteller. „Bis jetzt gibt es noch kein für unseren Einsatz geeignetes Fahrzeugkonzept der Basisfahrzeughersteller, sodass der klassische Verbrennungsmotor nach wie vor die am besten geeignete Antriebsart für uns darstellt“, berichtet beispielsweise Bernd Wuschack, Geschäftsführer Vertrieb, Marketing und Kundendienst bei der Carthago Reisemobilbau GmbH. Auch Markus Hauf, Sprecher bei der Stellantis-Gruppe, zu der Fiat Professional mit dem E-Ducato und Opel mit dem Zafira-e Life gehören, räumt ein: „Für die Verwendung als Reisemobilbasis eignen sich BEVs zurzeit bedingt, weil es gerade beim Reisemobil auf möglichst große Reichweite ankommt. Die momentan machbaren Reichweiten von etwa 350 Kilometern mögen in gut erschlossenen Gegenden mit Lade-Infrastruktur ausreichen, da gerade Camper aber auch oft und gerne die viel befahrenen Pfade verlassen wollen, ist größere Reichweite sehr wichtig.“ Auf die Lieferanten will die Knaus Tabbert AG laut Sprecher Stefan Diehl derweil nicht warten. Gemeinsam mit der Tuning-Werkstatt HWA AG stellte das Unternehmen die Studie E.Power Drive auf dem Caravan Salon 2021 vor, ein nach eigenen Angaben vollelektrisches Reisemobil mit einer WLTP-Reichweite von 90 Kilometern. Dass bei Erreichen eines Batterie‐Schwellenwerts im Fahrbetrieb automatisch der Range Extender anspringt, der fest mit einem Generator gekoppelt ist und die Fahrbatterie auflädt, zeigt, wie schwierig es aktuell noch ist, ein reisetaugliches rein elektrisches Wohnmobil zu entwickeln.
Kuhn vom CIVD spricht auch das Gewichtsproblem an: „Mit dem heutigen Stand der Technik bei den Akkus ist das 3,5-Tonnen-Limit nicht zu halten beziehungsweise keine Zuladung mehr möglich. Wer den Führerschein nach 1999 gemacht hat, würde dann einen Lkw-Führerschein benötigen.“ Deshalb macht sich der Verband mit dem europäischen Verband ECF für die Erweiterung des B-Führerscheins auf 4,25 Tonnen in Brüssel stark.

Laden mit Gespann

Etwas mehr Auswahl finden Camper, die einen Wohnwagen mit einem E-Auto ziehen möchten. Mit hohen Anschaffungskosten, großen Reichweitenverlusten und umständlichem Laden an den verbreiteten Sackgassenladern müssen sie jedoch rechnen.
 „Dass E-Auto-Fahrer mit Wohnwagen im Schlepptau abkuppeln müssen, ist leider eine Tatsache“, sagt Dietmar Thomas, Sprecher der „Autobahn Tank & Rast“-Gruppe, die mit Partnern entlang der Autobahnen in Deutschland mehr als 1400 Schnellladepunkte an über 370 Standorten geschaffen hat. Um das zu beheben, liege nun der Fokus darauf, mehr Durchfahrladestationen anzubieten. Damit keine Wartezeiten während der Hauptreisezeiten entstehen, werde das Ladenetz ständig weiter ergänzt und ausgebaut. Auch immer mehr Campingplätze setzen sich mit dem Thema Ladeinfrastruktur auseinander. „Wir sehen in jedem Fall einen großen Willen der Campingplatzbetreiber, sich bei diesem Zukunftsthema frühzeitig gut aufzustellen“, sagt Christian Günther, Geschäftsführer beim Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland. BEM-Vorstandsmitglied Emmert beobachtet: „Die ein oder anderen sind schon relativ gut vorbereitet, indem sie Ladeinfrastruktur vorhalten, aber natürlich noch nicht alle und in der Masse.“

 

Im vergangenen Jahr unterzog Dethleffs den elektrisch angetriebenen Wohnwagen E.home coco einem Praxistest und überquerte mit E-Auto und Wohnanhänger ohne Ladestopp die Alpen. Foto: Dethleffs
Bei Leistungsspitzen soll der von Knaus und Bosch entwickelte elektrisch angetriebene Wohnwagen (E-Trailer) das E-Auto unterstützen. Foto: Knaus Tabbert

Zulassung von E-Trailer

Auch Hersteller von Wohnanhängern reagieren auf die Herausforderungen des E-Campings: Dank Aerodynamik und Leichtbau sollen Wohnwagen leichter und dadurch tauglicher für E-Zugfahrzeuge werden. Um den Reichweitenverlust zusätzlich zu kompensieren, haben Hersteller wie Dethleffs und Knaus sogenannte E-Trailer mit elektrischem Antrieb und Traktionsbatterie entwickelt. Als verkehrssicher wurden die beiden Prototypen bereits eingestuft. Um diese neue Gattung nun zulassungsfähig zu machen und dem Gesetzgeber hierfür Handlungsempfehlungen zu geben, hat der BEM eine Sonderkommission einberufen.
Und so fasst Markus Emmert vom BEM die Entwicklung folgendermaßen zusammen: „E-Mobilität und Camping stehen nicht auf Kriegsfuß – im Gegenteil: Sie hält immer mehr Einzug, aber es sind natürlich noch Hürden zu nehmen.“


Titelfoto: Mercedes-Benz