28.09.2022 Jessica Blank und Christian Enz

Kfz-Versicherung auf dem Prüfstein

Wenn im Herbst die Produkte und Preise an­gepasst werden, beschäftigen sich viele Ver­braucher mit ­ihrer Kfz-Versicherung. Doch nicht immer sind vermeintlich günstigere ­Angebote auch die besten. Die ARCD-Experten ­raten, ­einen bedarfsgerechten Schutz zu buchen – und sich im Zweifel persönlich beraten zu lassen.


Insgesamt 2,3 Mio. Verkehrsunfälle zählte die Polizei im Jahr 2021 auf Deutschlands Straßen. Tatsächlich dürfte es jedoch noch wesentlich häufiger gekracht haben, denn längst nicht bei jedem Unfall wird die Polizei hinzugezogen. Dies zeigt eindrücklich, wie wichtig ein guter Versicherungsschutz für Kraftfahrzeuge ist. Den lassen sich die Versicherer allerdings gut bezahlen. Nicht ohne Grund, sagt Christian Enz. „Zuletzt mussten deutsche Kfz-Versicherer 10 Mrd. Euro für Schäden aufbringen“, so der ARCD-Kfz-Versicherungsanalyst. Auffällig dabei ist, dass nicht nur die Gesamtsumme steigt. „Inzwischen kostet ein Schaden im Durchschnitt 3.680 Euro. Das sind knapp 650 Euro mehr als noch vor zehn Jahren“, betont Enz. Besonders starke Preistreiber sind aufwändige Assistenzsysteme, aber auch optische Innovationen wie Matt-Lack.

So vielfältig die Ursachen der steigenden Unfallkosten auch sein mögen – die Reaktion der Kfz-Versicherungen ist eindeutig. „Jedes Jahr werden die Beiträge entsprechend angehoben“, weiß Enz. Spätestens wenn die Beitragsrechnung der Kfz-Versicherung eingegangen ist, beschäftigen sich die meisten Fahrzeughalter mit der Frage, wo sie ihr Fahrzeug im kommenden Jahr versichert haben wollen. Angesichts der explodierenden Lebens- und Energiekosten werden in diesem Jahr besonders viele hoffen durch einen Wechsel Geld sparen zu können. „Ganz so einfach, wie es in der TV-Werbung versprochen wird, ist es aber nicht. Es genügt keinesfalls, nur auf den Preis zu schauen“, warnt Enz. Denn gesetzliche Vorgaben gibt es nur für die Kfz-Haftpflichtversicherung. Diese bestimmen jedoch nur den Mindeststandard und sind aus Sicht des ARCD in keiner Weise ausreichend. Im Bereich Voll- und Teilkasko gibt es gar keine Vorgaben.

Insgesamt lässt sich der optimale Versicherungsschutz für Kraftfahrzeuge anhand von über 60 Kriterien bestimmen. Dabei, so betont Enz, gibt es keine Lösung von der Stange. „Ob ein Baustein wichtig ist und sich lohnt, hängt immer von der individuellen Situation ab.“ Deshalb wird im Rahmen einer qualifizierten Beratung immer zunächst der Bedarf ermittelt – während Internet-Vergleichsportale auf der Suche nach billigen Angeboten in der Regel nur Kosten betrachten.

Deckungssumme

Eine Haftpflichtversicherung ist für jeden Fahrzeughalter obligatorisch. Diese muss eine Deckungssumme von 7,5 Millionen Euro für Personenschäden, 1,22 Millionen Euro für Sachschäden und 50.000 Euro für reine Vermögens­schäden aufweisen – für diese Summen kommt der Versicherer auf. Doch das reicht häufig nicht aus. Personen-, Sach- und Vermögensschäden ­sollten eine Deckungssumme von 100 Millionen Euro haben. Darin sollten Personenschäden mit bis zu 15 Millionen Euro je ­geschädigter Person abgedeckt sein.

Brems-, Betriebs- und Bruchschäden

Ein Unfall liegt nur dann vor, wenn der Schaden durch einen Einfluss von außen verursacht wurde. Doch auch Unachtsamkeit kann teuer werden, etwa ein Achsbruch wegen Überladung oder ein platter Reifen aufgrund einer Notbremsung. Solche Schäden sind in der Vollkaskoversicherung nicht automatisch abgedeckt. Besonders für neue Fahrzeuge sollte der Ver­sicherungsschutz diese Aspekte berücksichtigen.

Neuwertentschädigung

Welche Summe man im Schadenfall am eigenen Pkw erhält, richtet sich nach dem Zeitwert des Fahrzeugs am Tag des Schadens. Um Neuwagen vor dem hohen Wertverlust  nach Erstzulassung zu schützen, lohnt es sich beim Abschluss einer Teilkaskoversicherung, eine Neuwertentschädigung für 36 Monate zu vereinbaren.

E-Mobilität

Elektroautos und Plug-in-Hybride werden immer beliebter. Akkus, Ladestationen und Strom bergen allerdings neue ­Risiken, die in den klassischen Kfz-Tarifen nicht automatisch ­abgedeckt sind. Hochwertige Kfz-Versicherungen bieten die Möglichkeit, solch ­neuartige Schäden abzudecken.

Schäden durch Wettereinflüsse

Die Teilkaskoversicherung zahlt bei Naturgewalten wie Hagelschlägen, Murenabgängen oder Berg­lawinen. Umfassende ­Kfz-Tarife schließen auch Dach­lawinen, Erdsenkung, Vulkanausbruch, Erdbeben oder Wellenschlag bei der Nutzung von Autofähren ein.

Insassenversicherung

Die notwendige medizinische Versorgung von ­Fahrer oder Mitfahrer nach einem Unfall bezahlt die Krankenkasse. Doch bei schweren körperlichen Folgen können zusätzliche hohe Kosten aufkommen. Die Kfz-Versicherung leistet nur, wenn der Tarif Insassenschutz beinhaltet. Tierhalter sollten darauf achten, dass der Insassenschutz auch ­verletzte Tiere inkludiert.

Rabattschutz

Wer lange Zeit unfallfrei fährt, erarbeitet sich eine gute Schadenfreiheitsklasse. Wenn jedoch etwas passiert, erfolgt eine Rückstufung, die teuer werden kann. Mit einem Rabattschutz verschlechtert sich die SF-Klasse nicht sofort. Aber: Bei einem Versicherungswechsel wird der Schaden an die neue übermittelt – was dann mit Verspätung und trotz teurem Rabattschutz zu einer schlechteren Einstufung führen kann.

Auslandsschadenschutz

Wer im Ausland unverschuldet an einem Unfall beteiligt ist, bleibt möglicherweise auf einem Großteil des Schadens sitzen. Ausländische Fahrzeughalter verfügen oft über keinen ausreichenden Versicherungsschutz. Leistungsstarke Kfz-Versicherer bieten die Möglichkeit, einen Auslandsschadenschutz zu integrieren, der dann die Kosten des Unfallgegners übernimmt.

GAP-Deckung

Bei einem finanzierten oder geleasten Fahrzeug kann es im Falle eines Totalschadens oder Diebstahls teuer werden. Deshalb empfiehlt sich für nicht selbstfinanzierte Pkw eine GAP-Deckung, die vor unkalkulierbaren Forderungen von Bank oder Leasinggesellschaft schützt.

Tierschäden

Eine Kaskoversicherung beinhaltet auch die Kollision mit Haarwild. Andere Tierschäden und die Folgen von Marderbissen sind nicht immer integriert. Bei neuen oder teuren Fahrzeugen lohnt sich ein Versicherungstarif, der solche Schäden mit ausreichender Deckungssumme einschließt. Davon unabhängig können Sie bei Marderbiss oder Tierschaden auch Unterstützung über die ARCD-Clubhilfe beantragen.

Aus Sicht der Experten des ARCD gibt es neben den Versicherungsbedingungen und dem Preis noch ein drittes, wichtiges Merkmal: die Leistungsbereitschaft. „Hier geht es um die Frage, wie im Schadenfall die Abwicklung klappt. Wie sind Erreichbarkeit und Service – vor allem aber, zahlt der Versicherer oder versucht er seine Leistungen zu kürzen?“ berichtet Christian Enz. „In der Praxis fallen insbesondere als Preisbrecher bekannte Anbieter negativ auf. Das kann bei großen Kasko-Schäden schnell existenzbedrohend werden.“ Leider können Fahrzeughalter solche weichen Faktoren kaum selbst prüfen. Auch werden Sie nur selten in der Presse so umfangreich aufgegriffen wie zuletzt in der Auto Bild "Auffahrunfall - und die HUK-Versicherung zahlt nicht". Deshalb empfiehlt es sich, vor einer Entscheidung die Expertise von Fachleuten zu berücksichtigen. Ein gutes Beispiel ist hier die Kfz-Versicherung von SIGNAL IDUNA, die von Focus Money als „Fairster Kfz-Service Versicherer“ ausgezeichnet wurde. Die Tester griffen dabei nicht einzelne Aspekte wie Preis oder Versicherungsbedingungen heraus. Vielmehr wurde die gesamte Geschäftsbeziehung von der Kundenberatung bis zur Regulierung von Schäden betrachtet.


Titelfoto: stock.adobe.com/©Philip Steury


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