04.08.2023

Geschichte und Geschichten unserer Clubmitglieder

Wie ein T4-Camper wieder zurück in die Familie fand

Immer wieder erreichen uns umfangreiche Zuschriften, die lebhafte Einblicke in die bewegte Historie von Fahrzeugen der ARCD-Mitglieder eröffnen. In dieser Ausgabe erzählt Reinhard Lehmann aus Möhrendorf seine Geschichte.

Zusammengestellt von Thomas Schreiner


„1992 kaufte ich einen frisch und fachmännisch reparierten Unfallwagen, einen T4 Kastenwagen mit langem Radstand. Mit viel Aufwand und Liebe baute ich ihn zum Wohnmobil aus und erhielt im Frühjahr 1993 ohne Beanstandung die Zulassung als Sonder-Kfz (Wohnmobil). In den Folgejahren unternahmen wir mit drei Kindern zahlreiche Reisen, unter anderem nach Griechenland und Süditalien.

Im Übrigen war es mein Auto für den täglichen 20-Kilometer-Weg zur Arbeit. Auch auf vielen Dienstreisen war er mir Transporter und gelegentlich Herberge zugleich. Die Kinder wurden größer und irgendwann erlahmte das Interesse an dieser Urlaubsart und ein Dienstwagen übernahm die dienstlichen Aufgaben, sodass ich ihn 2000 verkaufte. Er kam wohl in die Hände von Gebirgsfreunden und war in der Folge hauptsächlich zwischen Nürnberg und den Alpen unterwegs.

 

Der rot lackierte T4 mit seinem majestätischen Hochdach diente unserem Clubmitglied lange als treuer Begleiter im Urlaub. Foto: Privat

Mit der Zeit kam die Lust meiner Kinder nach einem Campingbus wieder auf und 2009 entdeckte mein Ältester im Internet unseren Bus bei einem Nürnberger Fähnchenhändler zum Verkauf. Er war wohl fast schon auf dem Weg nach Afrika, aber ich hatte an dem Tag Geburtstag und konnte den Verkäufer überzeugen, ihn mir zu verkaufen. Ich brachte ihn wieder auf Vordermann und ersetzte verschlissene Teile. Unglücklicherweise verlor er während seiner Abwesenheit seinen steuerlichen Sonderstatus als Sonder-Kfz (Lkw). Die neue Steuer war ein Mehrfaches der Ursprünglichen, etwas abfedern konnte ich es durch ein Saisonkennzeichen. Seitdem bin ich wieder jährlich viel unterwegs damit, die Adriaküste runter über Albanien, Griechenland, rund um die Ostsee etc.

 

Zahlreiche Reisen haben für Patina am selbst gemachten Ausbau gesorgt. Foto: Privat
Eine Fensterluke am Heck sorgt bei Bedarf für Frischluftzufuhr ins Futura-Hochdach. Foto: Privat

Da ich das Auto immer als ,Fahr‘-zeug, als Gebrauchsgegenstand betrachtete, hinterließen die Zeit und die Umwelt natürlich ihre Spuren am Lack, sodass ich mich vor ein paar Jahren entschied, ihn neu zu lackieren. Wie in der Vergangenheit bereits an anderen Autos, entschied ich mich für einen Farbauftrag in Originalfarbe mit der Schaumstoffrolle. Erstens konnte ich dieses Verfahren selbst ausführen und zweitens lässt es sich bei Beschädigungen leicht ausbessern. Mittlerweile ist der Bus über 30 Jahre alt und sowohl technisch wie optisch in einem (subjektiv) guten Zustand. Auf Bus- und Oldtimertreffen bin ich gern gesehener Gast.

 

Langer Radstand, hohes Dach: In Reinhard Lehmanns VW Bus können fünf Personen schlafen. Foto: Privat

Es gibt nicht viele T4-Wohnmobile mit langem Radstand. Das Futura-Hochdach habe ich in 30 Jahren kein zweites Mal gesehen, es weist einige technische Highlights auf. Im Bus können fünf Personen schlafen. Der Grundriss mit zwei Sitzbänken ist einmalig. Der Bus hat mittlerweile mehr als 440.000 Kilometer hinter sich und das mit dem ersten Motor. Nicht nur meines Erachtens erfüllt der Bus alle Voraussetzungen für ein H-Kennzeichen. Leider sind die Gutachter des TÜV anderer Meinung. Die Prüfung nach §23 wird mit der Begründung verweigert, dass der Lack gerollt und nicht gespritzt ist. Nicht nur ich finde diese Entscheidung nicht nachvollziehbar. Bei Oldtimertreffen muss ich durch den Kfz-Schein nachweisen, dass der Bus schon 30 (Oldtimer) ist. Und bei Treffen in Gemeinden mit Umweltzone muss ich draußen bleiben. Ich bin enttäuscht, aber ich werde mir meinen Spaß mit dem Bus nicht verderben lassen.“

 


Nachtrag:

Nach der Veröffentlichung dieser persönlichen Geschichte im ARCD-Clubmagazin AutoReise 07-08/2023 erreichte uns die bedauerliche Nachricht, dass der rote T4 inzwischen einen Totalschaden erlitten hat, nachdem unser Clubmitglied damit unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt worden war.

Wir wünschen Herrn Lehmann, dass er seinen selbst ausgebauten, jahrelangen treuen Begleiter immer in lebhafter und guter Erinnerung behalten möge.
 

 


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