15.07.2023 Wolfgang Sievernich

Weniger ist mehr: Vollhybridtechnik im Effizienztest

Der Toyota Yaris Hybrid ist Herstellerangaben zufolge der verbrauchsärmste Pkw ohne Stecker auf dem deutschen Markt. Eine gute Gelegenheit zu testen, ob sich der Verbrauch weiter drosseln lässt, ohne deshalb gleich als Verkehrshindernis wahrgenommen zu werden.


Kennen Sie noch den Werbeslogan „Geiz ist geil“? Obwohl der schon über 20 Jahre alt ist, ist das Thema Sparen so aktuell wie schon lange nicht mehr. Gründe zum Geizen gibt es viele: Energiekrise, Klimawandel, Inflation, um nur einige zu nennen. Während manche dieser Kosten nur indirekt messbar sind, lässt sich der Verbrauch eines Autos nach jedem Tankstellenbesuch neu berechnen. Laut Daten des Umweltbundesamtes verringerte sich der Durchschnittsverbrauch von Pkw im Zeitraum 1995 bis 2021 um lediglich 1,4 Liter auf 100 Kilometer. Und das, obwohl Motoren und Getriebe immer effizienter wurden. Während Otto-Motoren zuletzt im Schnitt 7,7 Liter auf 100 Kilometer verbrauchten, waren es beim Diesel sieben Liter. Die Behörde bemängelt, dass einer weiteren Verringerung des Verbrauchs der Trend zu leistungsstärkeren Fahrzeugen und verbrauchserhöhender Komfortausstattung im Wege steht. Die weltumspannende Nachfrage nach SUV verschärft die Situation weiter. Aktuellen Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge, verbrauchen die Stadtgeländewagen rund 20 Prozent mehr Kraftstoff als durchschnittliche Mittelklassewagen.

Wer allerdings kein großes Auto benötigt und bei Verbrauch und Emissionen grundsätzlich sparen will, könnte sich mit einem Fahrzeugsegment auseinandersetzen, das für sparsame Modelle bekannt ist – Kleinwagen. Und die sind gar nicht mal so klein, wie ihre Bezeichnung suggeriert. Mit Platz für bis zu fünf Personen, kompakten, parkraumfreundlichen Abmessungen und effizienten Motoren eignen sich Kleinwagen nicht nur für kurze, sondern auch für mittlere Fahrstrecken über Autobahn und Landstraßen.
 

Beim Normwert Spitzenreiter

Das Herstellerangaben zufolge sparsamste Verbrennerfahrzeug, das ohne externe Stromzufuhr wie beim Plug-in-Hybrid auskommt, ist der Toyota Yaris Hybrid. Mit einem Benzinverbrauch von nur 3,8 Litern auf 100 Kilometer nach WLTP setzt der Vollhybrid die Messlatte nicht nur im Kleinwagensegment, sondern selbst bei vergleichbaren Hybrid-Modellen wie Renault Clio (4,2 Liter) oder Honda Jazz (4,5 Liter) hoch an. Wir beabsichtigen im Praxistest herauszufinden, wie sehr sich der WLTP-Wert vom Realverbrauch unterscheidet. Zudem gilt es aufzudecken, ob sich die Hybridtechnik dazu eignet, den Kraftstoffverbrauch mit geeigneten Maßnahmen noch weiter zu senken.

Einschränkend sei aber angemerkt, dass uns Toyota einen Testwagen in der höchsten Ausstattungsstufe GR Sport zur Verfügung gestellt hat. Diese verfügt etwa über Sportfahrwerk und 18-Zoll-Leichtmetallräder mit Niederquerschnittsreifen. Auch wenn es schick aussieht, erhöht die Sportausstattung den kombinierten Normverbrauch bereits um einen halben Liter von einst rekordverdächtigen 3,8 auf weniger berühmte 4,3 Liter nach WLTP. 

 

Hybridantrieb und Peripherie füllen im Yaris den gesamten Motorraum aus. Foto: Wolfgang Sievernich
Sportliches Zubehör wie Breitreifen kosten aufgrund eines höheren Rollwiderstands mehr Kraftstoff. Foto: Wolfgang Sievernich

Alle Hybrid-Varianten im Überblick

Microhybrid:

Die kleinste Form der Elektrifizierung. Im Grunde handelt es sich nicht um einen klassischen Hybrid, sondern um eine Start-Stopp-Automatik. Der Motor schaltet im Stand ab, ein Generator samt Batterie sorgen für schnelles Anspringen, etwa an der Ampel.

Im Schiebebetrieb speist der Generator Strom in die Starterbatterie zurück und senkt damit den Verbrauch des Verbrennungsmotors um etwa zehn Prozent.

Mildhybrid:

Zusätzlich zu einem kleinen Elektromotor besitzt der Mildhybrid eine stärkere 48-Volt-Batterie und speichert die Energie, die das Fahrzeug im Schiebebetrieb gewinnt.

Beim Starten und Anfahren wird der Verbrennungsmotor unterstützt und kann den Kraftstoffverbrauch um etwa 15 Prozent senken.

Vollhybrid

Ein Vollhybridantrieb kann nicht nur unterstützen, sondern auch geringe Strecken rein elektrisch zurücklegen, wie im Stadtverkehr. Kombinierbar mit einem Otto- oder Dieselmotor. Beim Rollen oder Bremsen wird die Batterie durch Energierückgewinnung (Rekuperation) geladen. Eine Steckdose zum Aufladen besitzt der Vollhybrid aber nicht.

Der Verbrauch des Verbrennungsmotors lässt sich um bis zu 20 Prozent senken.

Plug-in Hybrid

Erweiterte Form des Vollhybridantriebs, mit dem sich Strom aus der Steckdose laden lässt. Kombinierbar je nach Modell mit Otto- oder Dieselmotoren. Je nach Fahrprofil und Modell können Distanzen von etwa 30 bis 80 Kilometern rein elektrisch zurückgelegt werden. Aus Kostengründen vorwiegend erst ab der Kompaktklasse erhältlich.

Der Verbrauch kann um mehr als 20 Prozent sinken.

Mehrverbrauch unter ähnlichen Bedingungen

Wir starten den Praxistest unter ähnlichen Bedingungen wie zur Ermittlung des Normverbrauchs: Bei uns geht es über Autobahn, Landstraße und durch die Stadt. Während das Tempo auf der Autobahn zumeist bei Richtgeschwindigkeit (130 km/h) liegt, halten wir uns über Land und in der Stadt je nach Verkehrssituation an die maximal zulässige Höchstgeschwindigkeit. Im Unterschied zu den Herstellerangaben lassen sich Testfahrten im Alltag aber nie unter wiederkehrend gleichen Bedingungen absolvieren. Überholvorgänge, Baustellen, Staus und Tempolimits unterbrechen die gewählten Geschwindigkeitsvorgaben immer mal wieder. Vorwiegend im Normal-Modus gefahren, liegt der Verbrauch auf unseren Testrunden bei fünf Litern auf 100 Kilometer und damit lediglich 0,7 Liter über der Werksangabe, was durchaus noch im Rahmen ist. Interessant dabei: Der Bordcomputer verzeichnete im gleichen Zeitraum Verbrauchswerte von 4,8 bis 4,9 Liter und lag damit nah am errechneten Durchschnitt, der sich aus gefahrenen Kilometern und getankter Kraftstoffmenge anhand der Tankquittung ergibt. 

Im zweiten Testszenario reduzieren wir die maximal gefahrene Geschwindigkeit auf Autobahnen und Landstraßen um jeweils zehn Kilometer pro Stunde und nutzen ab jetzt konsequent den Eco-Modus. Dadurch verringert sich zwar die Gasannahme bei der Beschleunigung etwas, was aber im Betrieb kaum auffällt. Zusätzlich fahren wir bewusst vorausschauend und verzögern und bremsen frühzeitig vor Kreisverkehren und Ampeln, um mittels der Energierückgewinnung dem Akku so viel Strom wie möglich zuzuführen (siehe Kasten „Hybrid-Spartipps“).

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Wie funktioniert ein Vollhybrid?

Der Vollhybridantrieb des Toyota Yaris Hybrid setzt sich aus zwei Antriebsarten zusammen: einem konventionellen Ottomotor und einem Elektromotor. Der Hybridantrieb wechselt während der Fahrt automatisch zwischen beiden Kraftquellen. Bei Geschwindigkeiten bis etwa 50 Kilometer pro Stunde fährt der Vollhybrid je nach Akkuladestand überwiegend elektrisch, was vorwiegend im Stadtverkehr oder im Stau geschieht. Bei stärkerer Beschleunigung und höherer Geschwindigkeit schaltet sich automatisch der Verbrennungsmotor zu. Mithilfe des Bremssystems wird die Energie, die bei Verzögerung wie Gaswegnahme und Bremsvorgängen entsteht, über einen Generator in elektrische Energie umgewandelt und in der Hochvoltbatterie gespeichert, sodass sie für neue Beschleunigungsvorgänge zur Verfügung steht. Bei einem herkömmlichen Verbrennungsmotor ohne Hybridsystem geht diese Energie in Form von Wärme verloren.

 

Der 1,5-Liter-Antriebsstrang leitet sich von den 2,0- und 2,5-Liter-Systemen der Modelle Corolla, Camry und RAV4 ab. Foto: Toyota

Wechselspiel der Antriebe

Diese Energie setzt der Doppelherz-Yaris automatisch bei nächster Gelegenheit in Vortrieb um. Entweder zur Unterstützung des Verbrennungsmotors bei der Beschleunigung oder alleinig für den elektrischen Antrieb in Gleitphasen im Teillastbereich. Gleitphasen über mehrere Kilometer erleben wir vorwiegend in Geschwindigkeitsbereichen zwischen 80 und 90 km/h, etwa auf Landstraßen oder in Autobahnbaustellen. Das Wechselspiel zwischen an- und ausgeschaltetem Verbrennungsmotor bekommt der Autofahrer dabei kaum mit. Schaltet der Verbrenner bei langsamer Fahrt unter Teillast zu, ist bestenfalls ein kurzes Rucken zu verspüren. Ist der Verbrennungsmotor einmal auf Betriebstemperatur, verfällt dieser im Stadtverkehr vorwiegend in Lethargie und überlässt dem flüsterleisen E-Motor die Fortbewegung.

Deutlich vernehmlicher gestaltet sich der Umstieg beim Tritt aufs Gaspedal unter Volllast wie bei Autobahnauffahrten oder während Überholvorgängen. Dann verliert der leise säuselnde 1,5-Liter-Dreizylinder-Saugmotor seine Contenance und teilt sich unüberhörbar laut mit. Genügsam bleibt der Yaris Hybrid aber beim Verbrauch: Mit 4,6 Litern Benzin auf 100 Kilometer liegen wir nur noch 0,3 Liter über der Werksangabe. Erfreulich, dass bereits leichte Geschwindigkeitskorrekturen, vorausschauendes Fahren und vermehrte Rekuperation Früchte tragen, ohne dass Fahrkomfort und Verkehrssicherheit eingeschränkt wären.

Im dritten Testszenario gehen wir aufs Ganze und senken die Maximalgeschwindigkeit nochmals ab: Höchstens 110 km/h auf der Autobahn und 80 auf der Landstraße erscheinen uns gerade noch tragbar, um nicht als Verkehrshindernis wahrgenommen zu werden – eine Fehleinschätzung, doch dazu später mehr. Um den Kraftstoffverbrauch unter die WLTP-Marke zu drücken, wollen wir den elektrischen Anteil auf der Strecke weiter erhöhen. Da die Energierückgewinnung auf der Autobahn infolge der vorwiegend gleichmäßigen Geschwindigkeit grundsätzlich nur gering ausfällt, machen wir um diese erst mal einen Bogen und verlegen die Testfahrten auf Land-, Kreis- und Dorfstraßen. Mit sanfter Gaspedalstellung lässt sich im hügeligen Gelände Mittelfrankens häufig durch die Lande gleiten. Damit der Verbrenner nicht zuschaltet, müssen wir die Energieanzeige im Auge behalten und streicheln das Gaspedal fast nur noch. Lohn der Mühe: Der Bordcomputer vermeldet zwischenzeitliche Rekordwerte von 3,5 Litern auf 100 Kilometer! Doch die Freude währt meist nur kurz, es geht halt nicht immer nur bergab. Wer oft lange Strecken zurücklegen muss, für den dürfte das Gezuckel über Land sowieso keine Alternative darstellen.

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Den Toyota Yaris Hybrid gibt es ausschließlich mit Automatik. Foto: Wolfgang Sievernich

 

Unterschiedliche Antriebszustände

Verbrennerantrieb: 

Der Verbrennungsmotor treibt die Vorderräder an und speichert bei geringem Lastanspruch Energie in den Akku.

Kombinierter Antrieb:

Der Verbrennungsmotor treibt die Vorderräder an und erhält zur Unterstützung elektrische Energie aus dem Akku.

Rekuperationsphase:

Beim Verzögern und Bremsen wird Bremsenergie im Akku gespeichert.

Elektroantrieb:

Die gespeicherte Energie aus dem Akku wird bei geringem Lastanspruch ausschließlich für den Vortrieb genutzt.

 

Alle Fotos: Wolfgang Sievernich

Grenzen der Sparsamkeit

Während man mit bis zu 80 km/h auf der Landstraße zwar noch einigermaßen im Verkehr mitschwimmen kann, ist man mit maximal 110 km/h auf der Autobahn ein Kandidat für die rechte Spur – nur Lkw fahren noch langsamer. Und wer diese dann später überholen muss, sollte sich aufgrund der geringeren Differenzgeschwindigkeit darüber im Klaren sein, dass dieser Vorgang länger dauern kann. Bei aller Begeisterung für Spritspartechniken mussten wir im Test feststellen, dass schnellere Verkehrsteilnehmer oft nicht mit so langsamen Fahrzeugen auf der Überholspur rechnen. Nur ein beherzter Tritt aufs Gaspedal rettete uns dann noch vor heranrauschenden Pkw. Enttäuschend zudem das Ergebnis beim Tankstopp: Trotz zwischenzeitlicher Rekordmeldungen des Bordcomputers bei Schleichfahrt konnten wir weder den Normwert von 4,3 Litern knacken, noch den Durchschnittsverbrauch weiter senken. Zudem bleibt festzuhalten, dass das bewusste Kraftstoffsparen mit vermehrtem Blick auf Drehzahlmesser und Durchschnittsverbrauch vom Verkehrsgeschehen ablenkt. Ein Umstand, der nicht zum Nachmachen anregen sollte. Wer sparen möchte, sollte lieber auf sportliches Zubehör wie breite Reifen verzichten, die den Verbrauch aufgrund ihres höheren Rollwiderstands hinauftreiben. Ferner helfen vorausschauendes Fahren, eine sinnvoll reduzierte Geschwindigkeit sowie frühes Bremsen und Verzögern für häufige Energierückgewinnung.

 


Hybrid-Spritspartipps

Gleiten:

  • Auf die gewünschte Geschwindigkeit beschleunigen;
    danach nur noch sanft beschleunigen oder den Fuß gänzlich vom Gaspedal nehmen.

Beschleunigen:

  • Kurz und kräftig bis zur gewünschten Geschwindigkeit beschleunigen,
    der E-Motor unterstützt dabei meist den Verbrenner.
  • Danach Fahrzeug verbrauchsarm gleiten lassen.

Bremsen:

  • Vorausschauend fahren und frühzeitig bremsen.
    So kann langsam und gleichmäßig verzögert werden.
  • Der Akku wird in dieser Phase über die Energierückgewinnung nachgeladen.

Fahrmodi nutzen:

Per Knopfdruck lassen sich modellabhängig unterschiedliche Fahrmodi einstellen:

  • Eco-Modus
    Sanfte Gasannahme optimiert ökologische Fahrweise
  • Normal-Modus
    Lineare Gasannahme für den Alltagsbetrie
  • Power-Modus
    Dynamische Gasannahme für sportliches Fahren, nicht zum Spritsparen geeigne
  • EV-Modus
    Rein elektrischer Antrieb für kurze Strecken wie etwa im Stadtverkehr.
    Reicht die elektrische Energie für den EV-Modus nicht mehr aus, schaltet das Fahrzeug automatisch auf den Verbrennungsmotor um.

 

Der Testwagen

Toyota Yaris GR Sport 1.5 VVT-E Hybrid

  • Systemleistung: 85 kW/116 PS; 120 Nm bei 3.600–4.800/min
  • Antrieb, Getriebe: Front, Eingang automatisch
  • Leergewicht/Zuladung: 1.205 kg/410 kg
  • Norm-/Testverbrauch: 4,3 (WLTP)/4,8* l
  • CO2-Ausstoß Norm/Test: 98 (WLTP)/111 g/km
  • Tankinhalt: 36 l
  • Basispreis: ab 22.990 Euro
  • Grundpreis: ab 29.790 Euro
  • Testwagenpreis: 31.790 Euro

* Durchschnittsverbrauch aller Einzelwerte über den gesamten Testzeitraum
 

Im Praxistest glänzte der Yaris Hybrid mit herausragendem Spritsparpotenzial. Foto: Wolfgang Sievernich

Titelfoto:  Wolfgang Sievernich