19.02.2020 Simone Eber

Ganz hoch hinaus: Urlaub mit Kids im Alpbachtal

Wenn die Frühlingssonne den Schnee weggetaut hat, lädt das ¬Tiroler Alpbachtal mit Bergen und Seen zum Sommerurlaub ein. Besonders Familien können hier dank einer leistungsstarken Gästekarte ebenso abwechslungsreiche wie kostengünstige Ferien erleben.


„Ohhh, schadeee!“ – Enttäuschte Gesichter bei den Kindern, als unserer kleinen Gruppe eröffnet wird, dass wegen späten Neuschnees am Wiedersbergerhorn die Ganzjahresrodelbahn Lauser-Sauser an diesem Wochenende geschlossen bleibt. Und wenig Begeisterung dafür, dass stattdessen ein Besuch des Museums Tiroler Bauernhöfe in Kramsach auf dem Programm steht.
Gute Frage: Wie lassen sich Kinder, die eigentlich im vollen Tempo einen Berg heruntersausen wollten, für ein Museum erwärmen? Unser Argument, dass es das größte Freilichtmuseum Tirols ist und mit 14 original­getreuen Höfen in schönster Lage verschiedene Facetten des bäuerlichen Lebens aufzeigt, kann die Motivation erst einmal nicht erhöhen. Zum Glück sind die Museumspädagogen bei unserer Ankunft auf eine solche Einstellung vor­bereitet. Statt sich mit lang­atmigen Erklärungen aufzu­halten, drücken sie den jungen Gästen ohne große Umschweife Stift und Zettel in die Hand und schicken sie auf eine Rallye über das sanfthügelige, saftiggrüne Gelände.

Filme geben im Bauernhofmuseum spannende Einblicke in den früheren Alltag der Landwirte. Foto: Simone Eber

Museumsrallye mit Denkanstößen

Reingehen, hinschauen, nachlesen – diese Ziele stecken hinter dem Fragebogen, bei dem die Kinder Besonderheiten der Höfe ebenso entdecken sollen wie Buchstaben für ein Lösungswort. Gut versteckt hinter Türen oder auch mal im Plumpsklo ergeben letztere den Namen der Maus, welche die Kids im Fragebogen über das Museumsgelände führt.
„Wie viele Räume gibt es zum Wohnen?“, lautet z. B. die Frage beim Portnerhof aus dem ­Valsertal, „Welche verschiedenen Tiere hatte der Bauer im Stall?“ beim Summerauerhof aus dem Zillertal. Und an der Fassade des Falkner-Schaitter- Hofs aus dem Oberinntal gilt es, Symbole zu finden, die das Haus vor Unglück beschützen sollten.
Doch die Rallye bedeutet für die kleinen Detektive nicht nur Arbeit: Oft geht es um eine spielerische Annäherung an bäuerliche Themen, etwa bei einem lebensgroßen Puzzle-Schwein, an dem die richtigen Teile des Fleisches anzubringen sind. Oder beim Verbinden von Nahrungsmitteln an einer Schnur mit der Jahreszeit, in der sie in unseren Breiten erntereif sind. Dazu werden in mehreren Häusern Filme auf die Mauern projiziert – zum Thema Essen etwa die Diskussion einer Bauernfamilie über die Vorräte, die für den Winter noch übrig sind. Die ständige Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln in unserer modernen Zeit wird damit ­unaufdringlich, aber wirkungsvoll hinterfragt, wie sich an den nachdenklichen Gesichtern der jungen Museumsbesucher ablesen lässt. Weitere interessante Filme sind Märchen und Sagen, den Hier­archien am Hof und der Milchverarbeitung gewidmet.

Auch an bewölkten Tagen ist der Reintalersee mit seinem schönen Spielplatz einen Besuch wert. Foto: Simone Eber

Als Bootskapitän auf den See

Als die Kinder am Ausgang stolz ihre Lösungswörter präsentieren und dafür eine kleine Belohnung in Empfang nehmen, ist es Mittag geworden. Trotz der Erkundung des weitläufigen Geländes haben sie noch genug Energie, um auf dem Rundwanderweg Tiroler Bauernhöfe bis zum Haflingerhof zu marschieren, der malerisch oberhalb des Reintalersees liegt. Nach einer Stärkung mit deftiger Tiroler Küche und selbstgemachtem Bauernhof­eis lassen die Kids ihrem Be­wegungsdrang schon wieder beim Ponyreiten am Haflingerhof und auf dem großzügigen Spielplatz am Ufer freien Lauf. Zwar gehören der Reintalersee und seine drei kleineren Nachbarn zu den wärmsten Badeseen Tirols – für einen Sprung ins kühle Nass ist es heute aber trotzdem etwas zu kühl. Stattdessen schlendern wir noch ein Stück am See entlang bis zur Fischerstube, wo Tret- und Ruderboote zum Verleih stehen. Und schon steuert ein Dutzend energiegeladener ­Kapitäne Riesenschaufelrad-Boote übers Wasser und kann gar nicht genug kriegen von dem feuchtfröhlichen Spaß.

Eine Karte am Beginn des Juppi-Zauberwald-Rundwegs zeigt den jungen Wanderern, was sie erwartet. Foto: Simone Eber

Eltern stören sich beim Fami­lienurlaub oft an den Nebenkosten, die an allen Ecken und Enden lauern. Mit seiner Gästekarte hält das Alpbachtal ein probates Gegenmittel parat: Sie beinhaltet nicht nur den Eintritt in Museen wie das der Tiroler Bauernhöfe und in die Strandbäder des Kramsacher Seengebiets, sondern auch die Seilbahnfahrten auf das Wiedersbergerhorn und den Reitherkogel. Ebenso inklusive ist die Sommerferien-Betreuung von Gästekindern ab vier Jahren im Juppi Kids Club in Reith. Das Angebot (2020 vom 6. Juli bis 4. September, montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr) ist, abgesehen von fünf Euro Verpflegungspauschale, mit keinen weiteren Kosten verbunden. Interessierte Eltern sind eingeladen, an den Aktivitäten teilzunehmen.

Und die beschränken sich nicht auf eine Betreuung in der Zentrale in Reith – im Gegenteil. Die Verantwortlichen im Alpbachtal, einem zertifizierten „Tiroler Familiennest”, legen Wert darauf, Kinder nicht nur zu ­bespaßen, sondern ihnen auch die Natur des Tales inmitten der Kitzbüheler Alpen und des Rofangebirges nahezubringen. Darum findet auch ein Großteil des Programms draußen statt: am Reintalersee, am Wiedersbergerhorn oder auch am Reitherkogel, wo wir am nächsten Tag den Juppi Zauberwald, einen zwei Kilometer langen Rundwanderweg mit Erlebnisstationen, erkunden wollen.

Betreuer Hubsi vom Kids Club sorgt mit seiner Schatzkiste für Spannung. Foto: Simone Eber

Barfuß in den Zauberwald

An der Talstation treffen wir Hubert Kranz vom Kids Club. Erstaunte Blicke bei den Kindern: Der Betreuer trabt ohne Schuhe über den Asphalt auf uns zu. „In den Sommermonaten bin ich immer barfuß unterwegs“, erklärt er und stellt sich als Hubsi vor. „Denn unser Programm beschäftigt sich viel mit Abenteuern in der Natur.“
Das stellt er, oben angekommen, gleich eindrucksvoll unter Beweis. Denn der Zauberwald ist eine Spielarena, in der alles geht: Tierbegeisterte Mädchen stürzen sich auf den Streichelzoo mit seinen süßen Ziegen, größere Kinder chillen auf der großen Hängeliege und schaukeln mit den Füßen voran in Richtung Berge. Neugierige erproben sich bei nostalgischen Geschicklichkeitsspielen wie Hufeisenwurf oder Stelzenlauf. Herzstück der Anlage ist aber das Zauberdorf mit Küche, Schänke und Werkstatt. Hier können die Kinder mit Ästen, Zweigen oder Zapfen ihr Spielmaterial wie z. B. Kochzutaten selbst gestalten.
Während Hubsi sie beim Ausprobieren beobachtet, erzählt der 60-Jährige von sich. Dass er früher eine Disko betrieben hat, jetzt sommers wie winters im Kids Club aktiv ist und drei Enkel hat. Und dass die Arbeit als Betreuer für ihn „der schönste Job der Welt“ ist. „Eltern, die nicht am Programm teilnehmen, können währenddessen an den Berg­stationen wandern oder am See entspannen“, begründet er. Dann sammelt er Väter und Kinder um sich und baut mit ihnen aus Ästen eine Bahn, auf der eine Zirbenkugel in die Waldschänke gelenkt wird. Alle sind mit Feuereifer dabei. Zum Dank dürfen die Kinder in eine Schatzkiste voller „Energiesteine“ greifen – „mit geschlossenen Augen“, betont Hubsi geheimnisvoll: „Der Stein sucht dich aus.“ Danach geht es auf dem Zauberwald-Weg entlang weiterer Spielstationen, Picknickplätze und eines Wasserlaufs zurück zur Seilbahn.

Die wilde Kaiserklamm in Brandenberg ist auch für Kinder einfach zu begehen. Foto: Simone Eber

Gut gesichert durch die Klamm

Zu einem richtigen Bergurlaub gehört ein reißender Fluss. Auch den hat das Alpbachtal zu bieten: In Brandenberg rauscht die gleichnamige Ache durch die waldreichste Gemeinde Tirols und schlängelt sich in der Kaiserklamm durch eine enge Schlucht. Bis in die 1960er-Jahre war das Hochtal Brandenberg eine der größten Holztriftanlagen Euro­pas. Heute ist die Klamm – ­übrigens benannt nach Kaiser Franz Josef I., der gern zum ­Jagen hierherkam – ein Wanderziel, das für Familien besonders geeignet ist.
Denn sie können auf dem schmalen, aber gut gesicherten Steig problemlos flussaufwärts laufen und dabei in die grün-weiße Gischt, die die Felsen und Steine modelliert, ­hinabblicken. Nach einer halben Stunde markiert der Trauersteg den Ausstieg aus der Klamm. Der Rückweg verläuft entspannt auf der Forststraße und endet am Kaiserhaus – auch hier lässt Franz Josef grüßen –, einem rund 500 Jahre ­alten Forsthaus, in dem ein ­beliebtes Ausflugslokal untergebracht ist. Neben Wild- und Fischgerichten steht als Spezialität die Brandenberger Prügeltorte auf der Karte. Wie die traditionelle Festtagsspeise über offenem Buchenholzfeuer gebacken wird, können Gäste jeden Donnerstag live miterleben. Natürlich gibt es auch einen großen Spielplatz, auf dem die Kinder sich austoben dürfen. Wenn der kleine Hunger kommt, schauen sie bei den Eltern auf der Terrasse vorbei und stibitzen sich ein Stück Prügeltorte, die mit Schlagobers, Preiselbeeren und Puderzucker garniert einfach himmlisch schmeckt.

ARCD-Reiseservice

Anreise: Mit dem Auto: Über die Inntalautobahn A12, Ausfahrt Kramsach/Alpbachtal. Mit der Bahn: internationale Schnellzüge bis Jenbach oder Wörgl, je 10 km Entfernung. Gratis-Busfahrt vom Bahnhof in die Unterkunft (mit Reservierungsbestätigung).
Unterkünfte: In Alpbach: Galtenberg Family & Wellness Resort, Spezialist der Region in Sachen Familienferien. Großzügige Familiensuiten, All-Inclusive-Pension, vielseitige In- und Outdooraktivitäten, z. B. Kletterturm, große ­Badelandschaft, Spa für die Eltern, Ponyreiten, E-Trial-Park, www.galtenberg.at
Am Reintalersee: Camping Seehof, mit 5-Sterne-Komfort, www.camping-seehof.com
Haflingerhof Kramsach, www.am-haflingerhof.com
Mehr Familienunterkünfte: www.alpbachtal.at/familie
Einkehr: Kaiserhaus in Brandenberg, www.kaiserhaus.eu, und Haflingerhof (siehe Unterkünfte)
Nützliche Websites: Zu den Leistungen der Alpbachtal Seenland Card: www.alpbachtal.at/card; zum Konzept der Tiroler Familiennester: www.tiroler-familiennester.at; zum Museum Tiroler Bauernhöfe: www.museum-tb.at
Auskünfte: Alpachtal Seenland Tourismus, Tel. 0043/ 533721200, www.alpbachtal.at

Fotos: Simone Eber