Das Bobby-Car feiert 50. Geburtstag
Für die meisten ist es das erste Auto im Leben: das Bobby-Car. In diesem Jahr feiert das kultige Rutschfahrzeug seinen 50. Geburtstag. Ein guter Grund, um auf die Geschichte des im fränkischen Burghaslach gefertigten Produkts zu blicken. Denn das Bobby-Car der BIG-Spielwarenfabrik ist unverwüstlich und nachhaltig – nicht nur wenn mehrere Generationen von Kindern damit fahren.
Als „hässliches Entlein“ bezeichnete der Erfinder sein Rutschauto anfangs. Auf das erste BIG-Bobby-Car wollte sich keiner recht stürzen, nachdem Diplom-Ingenieur Ernst A. Bettag seinen Prototypen 1972 auf der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg vorgestellt hatte. 50 Jahre ist das nun her – und der Kult um den Klassiker unter den ersten Kinderfahrzeugen ist ungebrochen. Sogar die Ur-Form, die Bettag damals zuerst zusammen mit dem fränkischen Holzbildhauer Christian Meyer umsetzte, ist nach wie vor ein Verkaufsschlager.
20 Millionen Exemplare sind seitdem in Burghaslach in Mittelfranken vom Band gelaufen. Doch was macht den Erfolg des Volumenmodells aus? „Ich denke, es ist einfach die Ergonomie. Kinder sitzen da perfekt drauf“, sagt Isabel Weishar, Pressesprecherin der Simba-Dickie Group, zu der die BIG-Spielwarenfabrik gehört. „Ernst Bettag hat die Idee gehabt, ein Kinderfahrzeug zu entwickeln, auf dem sich Kinder schon in jungen Jahren fortbewegen können. Ein Fahrzeug, mit dem sich der Aktionsradius schnell erweitert.“ So sei es für den Ingenieur auch nie in Frage gekommen, einen elektrischen Antrieb für das Bobby-Car zu entwickeln. Dennoch war er ein Pionier, der seiner Zeit weit voraus war.
Büffelstarkes Material
Ein weiteres Erfolgsgeheimnis seines Produkts ist die Robustheit. Das Bobby-Car ist nahezu unkaputtbar. Passend dazu der Büffel als Logo der Firma BIG. „Er hat eine Sache geprägt in der Spielwarenbranche, das ist die Fertigung von Kunststoff-Spielwaren. Das war damals alles aus Blech oder Holz, Kunststoff gab es nicht“, erzählt Isabel Weishar. Für diese Pionierstätigkeit wurde Bettag sogar mit der Rudolf-Diesel-Medaille ausgezeichnet, auf die er sehr stolz gewesen sei.
Und auch die Art der Produktion ist recht selten im Kunststoffbereich. Das Bobby-Car besteht aus 1.500 Gramm witterungsbeständigem Kunststoffgranulat, Niederdruckpolyethylen. Die Karosserie wird im sogenannten Blasformverfahren gefertigt: Der thermoplastische Kunststoff wird erhitzt, zu einem Schlauch aufgeblasen und in eine Form gepresst. 60 Sekunden dauert das, so können täglich 1500 Stück geblasen werden. Ausschussware oder zweite Wahl gibt es dabei nicht. Denn sollte etwas nicht passen oder ein Farbwechsel stattfinden, werden die Teile direkt zu Granulat geschreddert und wieder dem Prozess zugeführt. Bunt gemischtes Granulat überfärben die Mitarbeiter schwarz und produzieren daraus Reifen, die rein aus Recyclingmaterial bestehen. „Wir haben noch nie Kunststoff weggeschmissen“, erklärt die Pressesprecherin. Auch in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz sei Bettag ein Vorreiter gewesen. So baute er sogar mal ein Solarmobil, das ihn technisch interessiert hat. Aber auch Licht und Sound hielten beim Bobby-Car Einzug, erst in Form von Zubehör, später beim Modell Next. Drei Facelifts gab es im Laufe der Jahre: New, Neo und Next. „Bettag hat sich nie dem Fortschritt verweigert. Aber er hätte nie das klassische Bobby-Car aus der Kollektion genommen, um so etwas anzubieten wie Next, aber das zusätzlich anzubieten, ist eine andere Geschichte“, sagt Isabel Weishar.
Unzählige Varianten
Insgesamt existieren über 100 verschiedene Varianten des Kultflitzers. Auch in Kooperation mit der Automobilindustrie, mit VW, Ferrari, Jaguar, Porsche… „Das ist eine Herausforderung, weil man den Porsche nicht wie in Miniatur umsetzt. Das geht im Kinderfahrzeugbereich gar nicht, man muss ja überlegen, dass ein Kind darauf fahren kann“, erklärt Isabel Weishar. Zudem wurden Sondermodelle unter anderem mit Künstlern entworfen. Das schwarze Bobby-Car mit bunten Beklebungen in Zusammenarbeit mit Otmar Alt zum Beispiel war schon 1995 ein reines Recycling-Produkt.
Doch egal, welche Variante oder welches Facelift – ein paar Basics sind immer Pflicht: die ergonomische Form, die Kniemulde, dank der auch größere Kinder noch Rennen fahren können, oder die breite Auflagefläche vorne, auf der müde kleine Fahrer ihre Beine ablegen können. Auch nach 50 Jahren ist das klassische Modell kaum vom Urtyp zu unterscheiden. Trotz des großen Erfolgs gab es nie Nachahmer. Selbst damals nicht, als 1998 in einer Nacht die gesamte Fabrik in Burghaslach abgebrannt ist und Konkurrenten locker hätten iin die Produktionslücke springen können. Und auch die komplette Fertigung in Deutschland macht das Bobby-Car so wettbewerbsfähig. „Die Blasformtechnik haben in Deutschland nicht so viele. Und wir haben auch Vorteile, weil wir nicht so hohe Frachtkosten haben“, erklärt die Pressesprecherin Isabel Weishar. Denn auch der Kunststoff hat relativ kurze Wege ins Werk.
Und so ist und bleibt das Bobby-Car ein unkaputtbarer, ungeschlagener Renner. Es wird über Generationen weitervererbt, manche Fahrzeuge sind 15 Jahre oder älter. Und auch die neuen Modelle bringen sicher noch vielen Kindern die Freude am ersten Auto – ganz nachhaltig.
Fotos. Simba-Dickie Group