11.11.2021 Thomas Schreiner

Energiekostenvergleich an Tankstellen: Muster ohne Wert?

Seit Oktober sind große Tankstellen verpflichtet, gut sichtbar ein Plakat mit der Gegenüberstellung von Energiekosten für Pkw auszuhängen.


Die gelben Poster oder digitalen Anzeigen mit dem Energiekostenvergleich für Pkw listen auf, wie hoch die Energiekosten für eine 100 Kilometer lange Fahrt mit verschiedenen Antriebsarten sind. Verglichen werden die Flüssigkraftstoffe Super E5 und E10, Diesel sowie die Energieträger Strom, Erdgas, Autogas und Wasserstoff. Und das in Bezug auf zwei Kategorien: ein Durchschnittsfahrzeug der Kleinwagen- und Kompaktklasse sowie eines der Mittel- und Oberklasse. Die Daten basieren auf den jeweils drei meistverkauften Pkw-Modellen der vier Segmente und den bekannten WLTP-Verbräuchen. Deutschland setzt so die EU-Richtlinie 2014/94 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID) um.

Hinkender Vergleich

Allerdings gilt die Aushangpflicht nur für Tankstellen mit mehr als sechs Multiproduktzapfsäulen. Die sind eher selten unter den laut Zentralverband des Tankstellengewerbes (ZTG) 14.500 Objekten hierzulande. „Vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie stammt die Information, dass durch die Regelung ,wie von der EU gefordert‘ zehn Prozent der deutschen Tankstellen betroffen sind. Das wären also 1.450. Wir wissen nicht, wer die Multidispensersäulen an allen deutschen Tankstellen gezählt hat“, sagt ZTG-Geschäftsführer Jürgen Ziegner.

Viele Menschen werden also nicht auf die Plakate stoßen. Verkehrsmärkte-Referent Gregor Kolbe vom Verbraucherzentrale Bundesverband sieht nicht nur deshalb Nachbesserungsbedarf an der EU-Vorgabe. Der Vergleich solle zwar auf bereits existierende, günstigere Alternativen zum Verbrenner aufmerksam machen, er müsse aber auch nachvollziehbar und plausibel sein. „Insbesondere bei den Stromkosten bestehen große Unterschiede zwischen privatem und öffentlichem Laden“, kritisiert der Experte. Genau die bilde der Vergleich nicht ab, bemängelt auch Alexander von Gersdorff, Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV): „Es fehlt die Angabe, dass bei E-Fahrzeugen der durchschnittliche Haushaltsstrompreis zugrunde gelegt ist. Öffentliches und vor allem schnelles Laden ist meist teurer, und das reduziert den Preisunterschied zum Benziner erheblich.“

Beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) kennt man die Kritik. Die Kosten öffentlichen Ladens könnten sich aber aus methodischen Gründen noch nicht wiederfinden. Begründet wird dies mit vielfältigen Einflussfaktoren, etwa zeitvariable Tarife, unzählige Ladestrom- und Roamingpreismodelle, Laden beim Arbeitgeber oder Einzelhandel. Ohnehin seien die Aushänge gesetzlich geregelt und nicht veränderbar.

Beim Tankstellenverband ZTG zweifelt Jürgen Ziegner am Informationsgehalt und Nutzen der Plakate: „Künftige E-Auto-Fahrer, die ihr Fahrzeug nicht ausschließlich zu Hause oder am Arbeitsplatz laden, werden von der Kostenrealität kräftig überrascht werden.“

Titelfoto: Thomas Schreiner


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